PANEL Soziale Landwirtschaft

Mit Lena Franke (Uni Witzenhausen), Thomas van Elsen (www.petrarca.info) und Jiri Prachar (AMPI, Prag). Wir waren neugierig auf die Position der ReferentInnen zu bestimmten Fragen – hier ihre Antworten:

Lena Franke (Uni Witzenhausen)

1) Was ist für Dich Agrikultur?

Rückkehr zu unseren Ursprüngen, uns diese bewusst machen. Landwirtschaft nicht als Berufssparte sondern als etwas, das mit unserem Alltag, unserem Leben verbunden ist.

2) Was kann soziale Landwirtschaft, was „normale“ Landwirtschaft nicht kann?Was sind ihre Stärken?

Soziale Landwirtschaft kann Landwirtschaft erweitern, sie kann Türöffner sein für eine Bewusstwerdung der Landwirtschaft. Inklusion der Landwirtschaft in Gesellschaft und andersherum. Ich denke Soziale Landwirtschaft ist ein Mittel für alle, um wieder mit der Lebensmittelproduktion in Verbindung zu kommen und daran teilzunehmen. 

3) Was ist Dein Steckenpferd bei diesem Thema? Was begeistert Dich?

Mit Menschen in Kontakt zu kommen, es ihnen ermöglichen zurück zum Ursprung zu kommen,  persönlich zu wachsen. Ich möchte Räume schaffen, wo wir unsere Vision von ökologischer und sozialer Landwirtschaft denken können und dies auch im Sinne von Begleitung und Beratung. 

Thomas van Elsen (www.petrarca.info)

1) Was ist für Dich Agrikultur?

Landwirtschaft neu zu denken, so dass nicht nur Lebensmittel erzeugt werden und Natur ausgebeutet wird, sondern dass es sich in Richtung eines Nehmens und Gebens entwickelt. 

2) Was kann soziale Landwirtschaft, was „normale“ Landwirtschaft nicht kann?Was sind ihre Stärken?

Wieder mehr Menschen in Landwirtschaft zu inkludieren und auch die Perspektive einer ökologischen und sozialen Inklusion. Das meint pflegende Zuwendung sowohl zur Natur, zu Pflanze und zum Tier als auch zum Menschen zu entwickeln. 

3) Was ist Dein Steckenpferd bei diesem Thema? Was begeistert Dich?

Landwirtschaft neu denken und damit auch eine Perspektive für eine soziale Landwirtschaft entwickeln. Wenn viele Menschen diese als sinnvoll erachten und bereit sind es auszutesten, dann möchte ich der vernetzende Part sein. Ich bin schon lange an dem Thema dran. Ich möchte die Spinne im Netz sein, Menschen und Initiativen unterstützen und begleiten und an der Erweiterung der Sozialen Landwirtschaft mitarbeiten. 

Jiri Prachar (AMPI, Prag)

1) Was ist für Dich Agrikultur?

Ich bin Landwirt. Und da sind gerade immer viele Begriffe… regenerative Landwirtschaft, pfluglose Landwirtschaft, carbon farming…. Eigentlich ist doch alles ökologische Landwirtschaft und es sind jeweils nur verschiedene Aspekte auf die fokussiert wird. Bei der biodynamischen Landwirtschaft ist oft auch eine soziale Initiative dabei. 

Ein Aspekt, der gerade viel diskutiert wird: Es ist so trocken, man soll nicht so viel pflügen, das Bodenleben nicht stören… Doch so etwas ist immer nur richtig in einem bestimmten Moment, an einem bestimmten Ort. Das kann man nicht generalisieren, immer ohne Pflug. Manchmal braucht es doch mal eine tiefere Lockerung. Landwirtschaft ist auch Kunst oder Handwerk. Die regenerative Produktionsweise ist oft gut, weil wir keine Winter mehr haben. Da ist die dauerhafte Bodenbedeckung gut. Frostgare kein Thema mehr. 

Agrikultur – da gehört auch der soziale Aspekt dazu, nicht nur an den Ertrag und sich selbst denken, sondern auch an die Natur, die Kulturlandschaft. Keine industrielle Lebensmittelproduktion machen. 

2) Was kann soziale Landwirtschaft, was „normale“ Landwirtschaft nicht kann?Was sind ihre Stärken?

Was ist denn normale Landwirtschaft? Es braucht den sozialen Aspekt in der Landwirtschaft und der fehlt heute oft. Das Soziale ist eine Herausforderung. Das bedeutet an sich selber zu arbeiten. Auch besonders in schwierigen Situationen, an sich arbeiten und dann so zu reagieren, dass man nicht sich selber und auch den anderen nicht verletzt. So entwickelt man sich als Mensch weiter. Oft gibt es Konflikte, die nicht gelöst werden und dann geht der Hof kaputt. Häufig auch Beziehungen, welche Menschen bleiben heute schon länger als 5 Jahre zusammen.

Das soziale Feld ernster nehmen, das braucht es. Was unsere Konflikte kosten! Nur weil wir nicht sozialfähig sind.  Krieg als das letzte Stadium. 

3) Was ist Dein Steckenpferd bei diesem Thema? Was begeistert Dich?

Es macht mir Spass mit Menschen zu arbeiten, das ist schon lange so. Was ich an der pädagogischen Arbeit liebe, ist, wenn man im anderen Menschen die versteckte Qualität, den Schatz entdeckt, der rauskommt. Der Moment wo man weiss, das macht Sinn, was man tut. Wie einen Edelstein finden ist das. 

Als ich das erste Mal auf einen Hof kam, auf dem Behinderte mitarbeiteten, da gab es gerade eine Beerdigung. Eva, eine Frau mit Down-Syndrom war gestorben. Und die Kirche war voll, ganz viele Menschen waren gekommen, um sich von dieser Frau zu verabschieden. Und dann habe ich ihre Geschichte erfahren. Sie war in diesem Dorf auf die Welt gekommen, als 4. Kind einer Familie, die fast zerrüttet war. Dann noch ein behindertes Kind – doch Eva brachte so wie sie war die Liebe in diese Familie und machte sie mit ihrer Präsenz wieder heil. Und auch für viele Menschen im Dorf wurde sie sehr wichtig. Für mich stellt sich immer wider die Frage: Brauchen Behinderte unsere Unterstützung oder profitieren nicht wir sehr von dem, was sie uns geben oder von den Herausforderungen, vor die sie uns stellen?